Unternehmen: Kritik an Entschuldigung von Contergan-Hersteller Grünenthal – Wirtschaftsticker – FOCUS Online – Nachrichten

Die Entschuldigung der Firma Grünenthal bei den Contergan-Geschädigten ist bei vielen Opfer-Verbänden nicht gut angekommen.

„Zu wenig, zu spät“, kommentierten am Samstag Anwälte, die Opfer des Arzneimittelskandals in Australien vertreten. Das britische Contergan-Opfer Nick Dobrik sagte dem Sender BBC: „Wir sind der Meinung, eine ernsthafte Entschuldigung muss die Fehler einräumen, die gemacht wurden. Das hat die Firma nicht getan, und damit die Opfer beleidigt.“

Auch Martin Johnson, Direktor der Stiftung Thalidomide, warf Grünenthal vor, das Unternehmen versuche weiter, den Mythos aufrechtzuerhalten, niemand habe wissen können, welche Schäden das Medikament anrichten könne. Das aber sei nicht richtig. Contergan war in Großbritannien unter dem Namen Thalidomide verkauft worden.

Björn Håkansson, der Chef des schwedischen Opferverbandes, sprach von einer wertlosen Entschuldigung. „Nach 50 Jahren kriechen sie zu Kreuze, nachdem sie in mehreren Ländern verklagt wurden“, sagte er mit Blick auf die Herstellerfirma Grünenthal. „Das hätten sie nie getan, wenn sie nicht unter Druck stünden.“

Die überlebenden 99 Contergan-Geschädigten in Schweden hätten von Grünenthal niemals eine Entschädigung oder eine Anerkennung ihres Leidens erhalten, sagte Håkansson. Allerdings hatten die schwedischen Opfer Zahlungen des heimischen Firma Astra bekommen, die das Medikament in Lizenz hergestellt und verkauft hatte.

Der Hersteller des Schlafmittels, das Anfang der 60er Jahre bei ungeborenen Kindern schwere Schäden verursachte, hatte am Freitag erstmals das Wort „Entschuldigung“ in den Mund genommen. Weltweit kamen etwa 10.000 Kinder mit schweren Missbildungen vor allem an Armen und Beinen zur Welt. Es sei bedauerlich, dass die Firma nicht früher auf die Opfer zugegangen sei, sagte Geschäftsführer Stock nun.

Nach langen Auseinandersetzungen wurde 1971 eine Stiftung eingerichtet und mit 200 Millionen Mark ausgestattet. Das Geld kam jeweils zur Hälfte von Grünenthal und vom Bund. Aus diesem Fonds erhalten die Geschädigten eine Rente.

Die australischen Opfer warfen Grünenthal-Geschäftsführer Harald Stock Heuchelei vor. Das Unternehmen hat sich dort bislang einer Klage von Opfern widersetzt. Der Fall kommt nächstes Jahr vor das oberste Gericht im Bundesstaat Victoria.

Die Anwaltsfirma Slater and Gordon Lawyers in Melbourne hatte in diesem Jahr mehrere Millionen Dollar für rund 130 Geschädigte erstritten, allerdings nicht von Grünenthal, sondern von dem Vertreiber des Medikaments in Australien. Grünenthal argumentierte, die Contergan-Geschädigten müssten in Deutschland prozessieren.

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50 Jahre danachGrünenthal entschuldigt sich bei Contergan-Geschädigten

50 Jahre danachGrünenthal entschuldigt sich bei Contergan-Geschädigten

Quelle: dpa

Nach 50 Jahren hat sich die Firma Grünenthal erstmals bei den Contergan-Geschädigten entschuldigt. Eine öffentliche Diskussion weicht die Firma aus. Noch immer sind Prozesse anhängig.

Als Deutschland vom Contergan-Skandal erschüttert wurde, regierte noch Konrad Adenauer. Die Spannung ist spürbar, als Harald Stock, Geschäftsführer der Firma Grünenthal, die Bühne betritt. In den rot gepolsterten Sesseln des Theatersaals im Stolberger Kulturzentrum sitzen viele Männer und Frauen mit stark verkrüppelten Armen – Opfer des Conterganskandals, der 1961 die Adenauer-Republik erschütterte.

Damals hatte man zunächst geglaubt, die Missbildungen müssten an Atomwaffentests liegen. Dann zeigte sich: Das Schlafmittel Contergan war schuld. Und dessen Hersteller hieß Grünenthal.

Das Unternehmen hat ein schlechtes Image. Als damals, vor mehr als 50 Jahren, die ersten der insgesamt 10 000 verkrüppelten Babys geboren wurden, stritt es zunächst alles ab. Später im Prozess, einem der größten der Nachkriegsgeschichte, vermied es ein Schuldeingeständnis. Und noch vor fünf Jahren versuchte es mit allen juristischen Mitteln, die Ausstrahlung des WDR-Films „Eine einzige Tablette“ zu verhindern. Der Film wurde später mehrfach preisgekrönt.

Immerhin: Stocks Vorgänger Sebastian Wirtz hat sich erstmals mit Contergan-Opfern an einen Tisch gesetzt. Und jetzt hat das Unternehmen das wohl erste Denkmal für die Opfer gesponsert. Für 5000 Euro. Es steht – noch verhüllt – im Foyer.

 

1957 brachte der Hersteller Grünenthal aus Stolberg bei Aachen das fatale Schlafmittel Contergan auf den Markt. Tausende Kinder mit verkürzten Armen und Beinen kamen daraufhin zur Welt. Zu Beginn der Siebzigerjahre zahlte Grünenthal 100 Millionen D-Mark in eine Stiftung für die Opfer ein. Danach wurde es ruhig um das Thema Contergan. Der WDR-Spielfilm „Nur eine einzige Tablette“ aus dem Jahr 2007 brachte noch einmal Aufmerksamkeit. Der Druck auf das Unternehmen wuchs.Grünenthal machte noch einmal 50 Millionen Euro für die Contergan-Opfer locker. Foto: dpa

Es ist sehr still im Saal. Alle Augen sind auf Stock gerichtet. Auch Ferdi Gatzweiler (SPD), der Stolberger Bürgermeister, hat ihn im Blick. Der schwergewichtige Mann hat zuvor in rheinischem Tonfall wortreich verteidigt, warum die Stadt der Aufstellung des Denkmals zugestimmt hat. „Allein die Medienpräsenz zeigt mir nochmals eindeutig die Wichtigkeit dieses Themas.“ Anfangs, das lässt er durchblicken, konnte er sich nicht so recht damit anfreunden. Aber der Initiator Johannes Igel, selbst ein Contergangeschädigter, hat ihn überzeugt. Tatsächlich war es allein Igel, der die Idee zu dem Denkmal gehabt und es dann auch durchgeboxt hat. Zum großen Ärger des Bundesverbands Contergangeschädigter. Der spricht von einer zynischen PR-Aktion Grünenthals.

Stock trägt als einer von nur sehr wenigen im Saal Anzug und Krawatte. Ein hagerer Managertyp. Aber er spricht mit bedächtiger, ruhiger Stimme. Er bedankt sich, an dieser Stelle reden zu dürfen. Die Bereitschaft, ihm, einem Grünenthal-Vertreter, zuzuhören, zeuge von Größe. Stock lobt Herrn Igel, der ein wirklich mutiger Mann sei.

 

PharmakonzernGrünenthal will Contergan-Opfern unkompliziert helfen

Der deutsche Arzneimittel-Hersteller Grünenthal hat angekündigt, Contergan-Opfer unkomplizierter zu unterstützen.

 

Das Denkmal sieht er als ein Symbol für eine „Entwicklung zu dauerhaftem Dialog“. Und dann kommt es: „Darüber hinaus bitten wir um Entschuldigung, dass wir 50 Jahre lang nicht den Weg zu Ihnen, von Mensch zu Mensch, gefunden haben. Stattdessen haben wir geschwiegen.“ Hier und da hört man ein Raunen im Saal. Und als Stock Augenblicke später die Bühne verlässt, brandet Beifall auf.

Sobald es wieder still ist, meldet sich eine Frau aus dem Publikum zu Wort. Sie ist keineswegs zufrieden mit der Erklärung. Schöne Reden seien das eine, aber was die Opfer wirklich bräuchten, sei Geld. Es ist eine Forderung, die die Geschädigten-Verbände seit langem erheben. Beispiel Zahnersatz: Viele Opfer kommen jetzt in das Alter, und sie brauchen, so sagen sie, Zahnersatz, der über das normale „AOK-Gebiss“ hinausgeht. Weil sie sehr viel mit den Zähnen machen. Machen müssen.Flaschenöffnen zum Beispiel.

Die kurze Feierstunde ist zuende. Alle treten vor das Denkmal: Ein Mädchen mit verkrüppelten Armen auf einem Stuhl, daneben noch ein zweiter Stuhl, der leer ist. Konnte es nicht etwas größer ausfallen? Muss es hier stehen, an diesem wenig repräsentativen Ort? Herrn Stock kann man das leider nicht mehr fragen – er ist schon entschwunden, durch einen Nebeneingang. Für heute hat man genug getan.

Kritik von Opfern und Opferverbänden

Doch zur Ruhe kommt Stock nicht. Einen Tag später meldet sich die Anwaltsfirma Slater and Gordon Lawyers aus Australien. Dort hat sich Grünenthal bisher einer Klage von Opfern widersetzt, indem die Firma die Geschädigten aufgefordert hat, in Deutschland zu prozessieren. Nächstes Jahr soll der Fall vor das oberste Gericht im Bundesstaat Victoria kommen. Die Anwälte werfen Geschäftsführer Stock Heuchelei vor.

Auch britische Verbände von Opfern des Contergan-Skandals kritisieren die Entschuldigung des Arzneimittelherstellers Grünenthal als nicht ausreichend. Das Unternehmen versuche weiter, den Mythos aufrechtzuerhalten, niemand habe wissen können, welche Schäden das Medikament anrichten könne, sagt Martin Johnson, Direktor der Stiftung Thalidomide, dem Sender BBC. Das aber sei nicht richtig. Freddie Astbury von Thalodomide UK fordert, es müsse endlich eine
offene Diskussion über Entschädigungszahlungen geben. Contergan-Opfer Nick Dobrik sagt: „Wir sind der Meinung, eine ernsthafte Entschuldigung muss die Fehler einräumen, die gemacht wurden. Das hat die Firma nicht getan, und damit die Opfer beleidigt.“

Auch 50 Jahre danach ist der Contergan-Skandal noch lange nicht aufgearbeitet.

Quelle: dpa

Zu wenig, zu spät – WDR MEDIATHEK – WDR.de

wer den Bericht von Andreas Meyer verpasst hat, kann hier noch mal schauen. er bringt die Fakten Knallhart auf dem Tisch..ohne um den Heißen Brei zu reden

Zu wenig, zu spät – WDR MEDIATHEK – WDR.de.

Zu wenig, zu spät – MEDIATHEK – WDR.de

Bei der Einweihung eines Denkmals für von Contergan geschädigte Menschen hat sich die Firma Grünenthal zum ersten Mal dafür entschuldigt, dass sie 50 Jahre lang zum Thema Contergan geschwiegen hat. Aber das alles kommt nicht gut an bei den Geschädigten.

Ein Beitrag von Andrea Moos, 02.09.2012

Video: Zu wenig, zu spät (02:32), Aktuelle Stunde
02.09.2012

Opfer sehen „leere Hülse und PR-Gag“ – news.ORF.at

Weltweiter Protest von Opferverbänden

 

Eigentlich sollte das Medikament Contergan Schwangeren Ende der 50er Jahre über Schmerzen hinweghelfen – doch der enthaltene Wirkstoff Thalidomid führte bei schätzungsweise 10.000 Kindern weltweit zu dauerhaften Schäden und schwerwiegenden Fehlbildungen.

 

Die Firma Grünenthal vertrieb das Schlaf- und Beruhigungsmittel Contergan von 1957 bis 1961 weltweit – in Deutschland beispielsweise jahrelang rezeptfrei. Auch in Österreich war es erhältlich, allerdings nur gegen Rezept. Im Laufe der Zeit kamen immer mehr Kinder mit schweren Missbildungen an Armen und Beinen zur Welt. In Österreich wurde das Medikament unter dem Namen Softenon verkauft, es gab zwölf Fälle von geschädigten Kindern. Grünenthal musste Contergan 1961 vom Markt nehmen.

„Wir bitten um Entschuldigung“

Doch dann folgte Funkstille. Die Tausenden Opfer warteten bis 2012 auf eine Entschuldigung der Pharmafirma. Am Freitag wurde schließlich in der Nähe der deutschen Stadt Aachen ein Denkmal enthüllt, und Grünenthal-Geschäftsführer Harald Stock wandte sich im Zuge dessen erstmals an die Opfer: Es sei bedauerlich, dass Grünenthal nicht früher auf die Opfer zugegangen sei, erklärte Stock. „Darüber hinaus bitten wir um Entschuldigung, dass wir 50 Jahre lang nicht den Weg zu Ihnen, von Mensch zu Mensch, gefunden haben. Stattdessen haben wir geschwiegen“, so Stock in seiner Ansprache weiter.

                                                                                      dpad/Jens  Schlueter Contergan-Demonstration
Protestaktion vor dem Standort des Denkmals in Aachen

Zorn bei Opferverbänden

Doch diese späte Entschuldigung der Firma Grünenthal ist bei den Contergan-Geschädigten und bei vielen Opferverbänden nicht gut angekommen – ganz im Gegenteil: Die Worte sorgen weltweit für Aufregung. „Wir erwarten Taten, und wenn diese Taten nicht folgen, dann bleibt dies nur eine leere Hülse und ein PR-Gag“, sagte etwa die Sprecherin des deutschen Bundesverbands Contergan-Geschädigter am Samstag der Nachrichtenagentur AFP.

Der Geschädigtenverband nehme „diese menschliche Rede zur Kenntnis“, sagte Sprecherin Ilonka Stebritz mit Blick auf die Entschuldigung von Grünenthal-Chef Stock tags zuvor. Zugleich wies sie darauf hin, dass sich das Pharmaunternehmen nicht für die Einführung des Medikaments vor rund 50 Jahren entschuldigt habe.

APA/dpa/ Henning Kaiser
Contergan-Demonstration

 Protest vor der Firmenzentrale in Aachen: Grünenthal ist seit der Gründung 1946 in Stolberg in Besitz der Unternehmerfamilie Wirtz

 

„Hat damit die Opfer beleidigt“

Auch Opfervertreter in Großbritannien, Japan und Australien wiesen die Grünenthal-Erklärung als unzureichend zurück. Das britische Contergan-Opfer Nick Dobrik sagte dem Sender BBC: „Wir sind der Meinung, eine ernsthafte Entschuldigung muss die Fehler einräumen, die gemacht wurden. Das hat die Firma nicht getan, und damit die Opfer beleidigt“, so Dobrik. Auch Martin Johnson, Direktor des britischen Thalidomide Trust (Contergan war in Großbritannien unter dem Namen Thalidomide verkauft worden, Anm.), warf Grünenthal vor, das Unternehmen versuche weiter, den Mythos aufrechtzuerhalten, niemand habe wissen können, welche Schäden das Medikament anrichten könne. Das aber sei nicht richtig.

„Zu wenig, zu spät“ und „erbärmlich“

Ähnlich der Tenor auch aus Australien. Die australischen Opfer warfen Grünenthal-Geschäftsführer Stock „Heuchelei“ vor. Anwälte der Opfer nannten die Entschuldigung „erbärmlich“. „Sie ist zu wenig, zu spät und durchsetzt mit weiterer Falschheit“, erklärten die Anwälte der Australierin Lynette Rowe. Das lange Schweigen mit einer „stummen Erschütterung“ des Unternehmens zu begründen, sei „beleidigender Unsinn“. Der Konzern habe 50 Jahre lang versucht, die moralischen, juristischen und finanziellen Konsequenzen des Skandals zu umgehen.

Grünenthal widersetzte sich dort bisher einer Klage von Opfern. Die Anwaltsfirma Slater and Gordon Lawyers in Melbourne hatte in diesem Jahr mehrere Millionen Dollar für rund 130 Geschädigte erstritten, allerdings nicht von Grünenthal, sondern von dem Vertreiber des Medikaments in Australien. Grünenthal argumentierte, die Contergan-Geschädigten müssten in Deutschland prozessieren. Der Fall kommt nächstes Jahr vor das oberste Gericht im Bundesstaat Victoria.

 

dpad/Jens Schlueter
Contergan-Denkmal
Der deutsche Geschädigtenverband lehnt das neue Denkmal ab: Die Bronzestatue verharmlose „das schuldhafte Verhalten von Grünenthal“

„Nach 50 Jahren kriechen sie zu Kreuze“

Björn Hakansson, der Chef des schwedischen Opferverbandes, sprach von einer wertlosen Entschuldigung. „Nach 50 Jahren kriechen sie zu Kreuze, nachdem sie in mehreren Ländern verklagt wurden“, sagte er mit Blick Grünenthal. „Das hätten sie nie getan, wenn sie nicht unter Druck stünden.“ Die überlebenden 99 Contergan-Geschädigten in Schweden hätten von Grünenthal niemals eine Entschädigung oder eine Anerkennung ihres Leidens erhalten, legte Hakansson dar. Lediglich hatten die schwedischen Opfer Zahlungen der heimischen Firma Astra bekommen, die das Medikament in Lizenz hergestellt und verkauft hatte.

Auch der japanische Opferverband Sakigake zeigte sich von der Entschuldigung enttäuscht. „Die Zahl der Opfer wäre geringer gewesen, wenn der Konzern den Verkauf früher gestoppt hätte“, sagte Verbandschef Tsugumichi Sato. Sein Verband werde genau verfolgen, welche Verantwortung Grünenthal künftig übernehmen werde.

via Opfer sehen „leere Hülse und PR-Gag“ – news.ORF.at.